Hunde auf eine Familie gehetzt - 22-Jähriger aus Punker-Szene bestraft:
Die sogenannte Punkerszene auf dem Bahnhofsvorplatz ist manchem Passanten ein Dorn im Auge. Vor allem die Hunde der auf den Ruhebänken lagernden Männer und Frauen vermitteln ängstlichen Menschen ein ungutes Gefühl. Im Juli 2012 kam es dort zu einem durchaus dramatischen Vorfall mit einer Migranten-Familie, die von einem 22-Jährigen nicht nur übel rassistisch beschimpft wurde. Der Mann hetzte auch zwei Hunde auf die neunköpfige Gruppe, in der sich ein Baby im Kinderwagen und ein vierjähriges Mädchen befanden. Wie gefährlich waren die Hunde? Darüber gingen die Meinungen in einem Prozess vor Jugendschutzrichter Gerald Holler freilich weit auseinander.
Kommando des Halters: „Fass, beiß, friss“
Die Familie – es handelte sich um christliche Aramäer aus dem Nahen Osten, alle inzwischen deutsche Staatsangehörige – kam aus einem Imbiss am Hauptbahnhof. Als sie an der Gruppe mit den Hunden vorbeiging, näherten sich die Vierbeiner. Es kam zu einem Disput. Anstatt diese zurückzurufen, beleidigte und bedrohte der 22-Jährige, dem einer der Hunde gehörte, die Familie auf übelste Weise. Dann hetzte er seinen Vierbeiner und einen zweiten Hund mit den Worten „Fass, beiß, friss“, auf die Familie. Der 35 Jahre alten Mutter zweier kleiner Kinder kamen bei ihrer Zeugenaussage die Tränen: „Die Hunde sprangen am Kinderwagen hoch, hatten schon Körperkontakt mit meinem Sohn. Die Kinder schrien und zitterten. Ich hatte furchtbare Angst, das etwas passiert, ich war verzweifelt.“
In ihrer Not packte die Frau ihr Baby und floh damit in ein Internetcafé. Die Männer aus der Familie schirmten die vierjährige Tochter ab. Die Situation beruhigte sich, als Leute aus der Szene den 22-Jährigen festhielten. Ein Beamter der alarmierten Polizei erinnerte sich: „Es war ein Tohuwabohu, als wir eintrafen.“ Er als Vater hätte seine Kinder wohl auch gefährdet gesehen.
Angeklagter sagt: Es ist doch nichts passiert
Der Angeklagte (Verteidiger: Frank Burkard) behauptete, er sei zuerst beleidigt worden. Die Hunde seien nicht gefährlich und es sei doch nichts passiert. Ein Hundeführer der Polizei, der die knapp einjährige Mischlingshündin des Angeklagten begutachtet hatte, war zu dem Ergebnis gekommen, die Hündin sei aufgrund mangelnder Ausbildung überhaupt nicht in der Lage gewesen, den „Fass“-Befehl des Angeklagten auszuführen.
Für Staatsanwalt Marco Ottaviano und Richter Holler spielte diese Expertise nicht die entscheidende Rolle. Der Angeklagte habe zumindest „billigend in Kauf genommen“, dass die Hunde zubeißen – und damit sei der Tatbestand der versuchten gefährlichen Körperverletzung erfüllt. Dafür und wegen Beleidigung und Bedrohung wurde der 22-Jährige, bereits mehrmals einschlägig vorbestraft, zu einer einjährigen Gefängnisstrafe verurteilt, die noch nicht rechtskräftig ist.
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