Hund zu Tode vernachlässigt

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Hund zu Tode vernachlässigt

Beitragvon Xafira » 26.08.2013, 19:49

Mit einem schweren Fall von Vernachlässigung haben sich Polizei, Tierschutz und Amtsveterinär kürzlich in Bordenau befassen müssen. Sie fingen einen Hütehund ein. Nach tierärztlicher Untersuchung stand fest: Das Tier musste eingeschläfert werden

Hund zu Tode vernachlässigt


Keinen Hinweis auf Vorsatz?
Deshalb ist es keine Tierquälerei?
Muss ich das verstehen?
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Re: Hund zu Tode vernachlässigt

Beitragvon Getier » 26.08.2013, 20:15

Nö, musst du nicht ... der Hund ist eben total unbemerkt, total unbeabsichtig von widerlichem Kleinvieh ausgezehrt und vernachlässigt worden. :( :(
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Re: Hund zu Tode vernachlässigt

Beitragvon Dieter » 26.08.2013, 21:25

Wie - kein Vorsatz? OWi-Verfahren? Komische Meinung von dem Amts.-Vet.

Der Halter hat bestimmte Pflichten nach dem Tierschutzgesetz, u.a. dem Tier erhebliche Schmerzen und Leiden zu ersparen.
Der Tatsache, dass der Hund wegen massiven Parasitenbefalls eingeschläfert werden musste, gingen - anders ist das garnicht denkbar - erhebliche Schmerzen und Leiden voran, dies über einen längeren Zeitraum.
Die Vorschrift des § 17 Nr. 2 Buchstabe b. stellt u.a. unter Strafe, einem Tier länger anhaltende Schmerzen und Leiden zuzufügen.

http://www.gesetze-im-internet.de/tierschg/__17.html

Nun könnte man - juristisch gedacht - einwenden, der Halter habe ja nichts "zugefügt". Stimmt auch, er hat eben "nichts" getan.
Er hätte aber "tun" müssen, schliesslich hat er als Halter eine sog. Garantenstellung. Und wenn jemand "nichts" tut, obwohl er "was tun" müsste, begeht er ein (hier: unechtes) Unterlassungsdelikt. Und das ist ebenfalls strafbar.

http://www.gesetze-im-internet.de/stgb/__13.html

Ich weiß, die Vorschrift kann einen schon beim Lesen in den Wahnsinn treiben :d .
Viele Grüße
Dieter

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Re: Hund zu Tode vernachlässigt

Beitragvon Xafira » 27.08.2013, 07:14

Seltsam - vor allem doch auch, weil er schon bekannt war, also der Halter.

Dieter, aber laut der Vorschrift könnte man dem Halter den Zustand des Hundes doch zur Last legen... Warum tut das dann keiner? :roll:
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Re: Hund zu Tode vernachlässigt

Beitragvon Dieter » 27.08.2013, 14:15

Ja Birgit, das könnte man - ohne rechtliche Schwierigkeiten.
Warum es nicht geschieht weiss ich auch nicht. Manchmal denke ich - ohne jetzt den zuständigen Amts-Vet. angreifen zu wollen -, dass die Mitarbeiter, die sich beruflich mit den Widerwärtigkeiten des Lebens befassen müssen, mit der Zeit resignieren oder im schlimmsten Fall abstumpfen.
Immerhin kann der Hundehalter ja auch ohne Vorsatz bestraft werden - die Strafe ggf. gemildert nach § 49 StGB - oder er wird mit einem Bußgeldbescheid belegt.
Was dabei rauskommt, weiss ich jetzt schon. Kann er irgendwie nix für, psychische Probleme, heraufziehende Depressionen, als Kind im falschen Kindergarten gewesen, die Lehrer in der Schule haben ihn gemobbt und in der anschliessenden Baumschule durfte er nicht auf dem höchsten Ast sitzen, emotional-psychosozial-dissoziierte Persönlichkeitsproblematik mit beginnendem Hirnriss und so weiter. Ach ja, Alk, Drogen und Spielsucht auch noch - immer wieder beliebt.
Ausserdem kann er - leider, leider - das Bußgeld nicht bezahlen, weil.....
Viele Grüße
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Re: Hund zu Tode vernachlässigt

Beitragvon Xafira » 29.08.2013, 05:12

Kürzlich haben Tierschutz und Polizei in Bordenau einen stark vernachlässigten Hund einschläfern müssen. Die Region Hannover ermittelt nun gegen die Halter wegen Ordnungswidrigkeit - ein Umstand, der viele Leser stutzig macht: Warum kein Strafverfahren?

Toter Hund: Region ermittelt
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Re: Hund zu Tode vernachlässigt

Beitragvon chino » 29.08.2013, 08:53

Wenn der Bauer in Absurdistan einen Bären an der Kette hält und mit dessen Auftritten bei Jahrmärkten Geld verdient, verfällt das halbe ach so zivilisierte Mitteleuropa empört über ihn her, startet Petitionen und "Nacht und Nebel"-Befreiungskationen.

Wenn mitten in Niedersachsen einer seinen Hund derart ... "hält", fällt das ewig keinem auf und passieren tut dem Halter deswegen auch nicht großartig was.

Muss ich nicht verstehen ... :headbang:
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Re: Hund zu Tode vernachlässigt

Beitragvon Dieter » 29.08.2013, 11:29

Xafira hat geschrieben:Warum kein Strafverfahren?


Weil die Amtsmenschen da Probleme mit dem Begriff des "Vorsatzes" haben.

Um die damit verbundenen Schwierigkeiten zu erhellen, bedarf es - leider, leider - eines kleinen Ausfluges in die Grundzüge des Strafrechts :d .
Wir schauen uns dazu zunächst die Strafvorschrift des Tierschutzgesetzes - § 17 - an:

http://www.gesetze-im-internet.de/tierschg/__17.html

Da steht also - verkürzt: Bestraft wird, wer ein Wirbeltier.....

Nun schauen wir uns die Vorschrift über Ordnungswidrigkeiten an - § 18:

http://www.gesetze-im-internet.de/tierschg/__18.html

Da steht also: Ordnungswidrig handelt, wer vorsätzlich oder fahrlässig.........

"Ja und" sagt man beim Lesen, was soll der Scheiss, komm zum Punkt Dieter :d .

Gemach gemach Ihr Lieben :) .

Der Unterschied zwischen den beiden Rechtsvorschriften im Einleitungstext sind insoweit also die Worte: "vorsätzlich oder fahrlässig".
Das ist wichtig, also merken. ;)

Und nun schauen wir uns die Vorschrift des § 15 des Strafgesetzbuches an:

http://www.gesetze-im-internet.de/stgb/__15.html

Da steht, dass fahrlässiges Handeln nur dann bestraft werden kann, wenn es im Gesetz (hier Tierschutzgesetz) ausdrücklich mit Strafe bedroht ist.

Steht in § 17 des Tierschutzgesetzes - siehe oben - was von Fahrlässigkeit? Nein, steht da nicht. Bleibt also nur der Vorsatz.

Was ist Vorsatz?

Vorsatz heisst: Wollen der Tat und Wissen um die Tat.

Bezogen auf den Fall müsste der Täter bei Vorsatz denken: Ich weiss, dass der Hund Milben hat, ich weiss, dass er sich quält und früher oder später verreckt und genau das will ich auch.

Und diesen Vorsatz müssen Staat bzw. seine Behörden dem Täter nachweisen, was vorliegend unmöglich ist.

Insoweit hat der "Regionssprecher", der in dem von Birgit verlinkten Pressebericht zitiert wird, also Recht.

Also dämmert jetzt: In der BRD kann Tierquälerei nur dann strafrechtlich geahndet werden, wenn dies vorsätzlich geschah.

Das ist - keine Frage - unbefriedigend, aber der Wille des Gesetzgebers. Und da Behörden und Gerichte an Recht und Gesetz gebunden sind, müssen sie eben diese Gesetze beachten auch wenn sie im Einzelfall vor Wut den Papierkorb vollkotzen möchten.

Und nach hinreichendem Kotzen haben sich die Juristen früherer Generationen was überlegt. Schlaues Völkchen, diese Juristen ;) .
Sie haben den Dolus eventualis erfunden, den sogenannten "bedingten Vorsatz" oder das "billigend in Kauf nehmen", der zwar die schwächste Form des Vorsatzes ist, aber immerhin Vorsatz.

Nun müssen wir wieder etwas in bestimmte Begriffe einsteigen, die gerade im Strafrecht wichtigen verschiedenen Grade der Fahrlässigkeit mit den erheblichen Abgrenzungsschwierigkeiten erspare ich uns jetzt:

Fahrlässigkeit: der Täter beachtet die erforderliche Sorgfalt nicht, er sagt sich: hab ich nicht gesehen oder nicht gemerkt.

Grobe Fährlässigkeit: der Täter beachtet die erforderliche Sorgfalt in besonders grobem Maße nicht, er sagt sich: Na ja, irgendwie komisch, wird aber schon nicht passieren, ist nicht so schlimm.

Bedinger Vorsatz: Der Täter nimmt die Quälerei des Tieres billigend in Kauf und sagt sich: Na ja, schon komisch, mir aber egal.

Und genau dieser Unterschied "wird schon nichts passieren" und "mir egal" macht den graduellen Unterschied zwischen grober Fahrlässigkeit und bedingtem Vorsatz aus.
Genial, nicht :d .

Wenn ich den Fall auf dem Tisch hätte, würde ich den Täter in den bedingten Vorsatz quetschen und argumentieren:

- das Tier hat ersichtlich über längere Zeit erhebliche Leiden gehabt,
- aus Sicht eines verständigen Tierhalters ist es mit "nicht so schlimm" nicht mehr getan,
- zumal der Täter beim TA war, ob er da was falsch verstanden hat ist unwichtig. Dann muss er halt nachfragen.
- aufgrund der Gesamtumstände der Tat muss dem Halter das Schicksal bzw. das Leid des Tieres gleichgültig gewesen sein.

Und dann könnte ich ihn anzeigen und hoffen, dass der Richter das ebenso sieht.
Wenn nicht, bleibt immer noch das Bußgeld.
Viele Grüße
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Re: Hund zu Tode vernachlässigt

Beitragvon chino » 29.08.2013, 13:13

Dieter hat geschrieben:Um die damit verbundenen Schwierigkeiten zu erhellen, bedarf es - leider, leider - eines kleinen Ausfluges in die Grundzüge des Strafrechts :d

Von "leider, leider" kann keine Rede sein - ich LIEBE deine Aufbereitungen für Jurisprudenz-Dummies wie mich. :love:
Das ist zwar für dich immer mit erheblichem Aufwand verbunden, aber ich weiß das wirklich zu schätzen. :thumb:
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Re: Hund zu Tode vernachlässigt

Beitragvon Getier » 29.08.2013, 13:40

chino hat geschrieben:
Dieter hat geschrieben:Um die damit verbundenen Schwierigkeiten zu erhellen, bedarf es - leider, leider - eines kleinen Ausfluges in die Grundzüge des Strafrechts :d

Von "leider, leider" kann keine Rede sein - ich LIEBE deine Aufbereitungen für Jurisprudenz-Dummies wie mich. :love:
Das ist zwar für dich immer mit erheblichem Aufwand verbunden, aber ich weiß das wirklich zu schätzen. :thumb:

Ich schließe mich mal an. ;-)
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