Frau L. und ihr Freund besuchen ein Tierschutzhaus in Niederösterreich, um sich einen Hund auszusuchen. Ihre Wahl fällt auf einen siebenjährigen Staffordshire Bullterrier. Der Terrier gilt als freundlich und menschenbezogen, allerdings hört und sieht er schlecht. Wegen einer Ohrenverletzung trägt der Hund zum Zeitpunkt des Besuchs aber keinen Beißkorb.
Schwerhöriger Terrier zeigt sich gutmütig
Zunächst verläuft alles gut: Der Hund freundet sich immer mehr mit seinen Besuchern an, lässt sich Leckerli geben, die er völlig ruhig von der Hand nimmt. Er lässt sich streicheln und schleckt seinen Besuchern die Hände ab. L. und ihr Freund wollen noch überlegen, ob sie den Hund zu sich nach Hause nehmen. L. will sich von dem Hund verabschieden, beugt sich zu ihm hinunter und spricht ihn, nur mehr 25 cm von seinem Kopf entfernt, an. Der schwerhörige und sehbehinderte Hund erschrickt und fährt mit dem Kopf in die Höhe, ohne dabei jedoch ein Aggressions- oder Verteidigungsverhalten zu zeigen. Dabei verletzen seine Zähne die Nase der Frau. Diese verlangt daraufhin 4.000 Euro Schmerzensgeld vom Tierschutzverein, immerhin musste die Wunde genäht werden.
Bei Eigenschaften, die zu einer Gefahrquelle werden können, müssen Vorkehrungen getroffen werden
Wie ein Tier zu verwahren bzw. zu beaufsichtigen ist, hängt laut den Ausführungen des Obersten Gerichtshofs (OGH) von den Umständen des Einzelfalls ab. Maßgeblich sind die Gefährlichkeit des Tieres, die Möglichkeit der Schädigung und eine Interessensabwägung.
Die Anforderungen an die Verwahrungs- und Beaufsichtigungspflicht sollen dabei aber auch nicht überspannt werden. Sind dem Tierhalter jedoch Eigenschaften eines Tieres bekannt bzw. hätten ihm diese bekannt sein müssen, die zu einer Gefahrenquelle werden könnten, muss dieser für entsprechende Vorkehrungen sorgen. Solche gefährlichen Eigenschaften können etwa nervöses oder unberechenbares Verhalten sein. Unterlässt er die notwendigen Vorkehrungen, muss er dafür einstehen.
Klägerin hat sich selbst in Gefahrenzone gebracht
Allerdings war in diesem Fall der Hund in der mehrmonatigen Beobachtung sehr zutraulich, menschenbezogen und galt als „Schmuser“. Frau L. hat sich bei der Verabschiedung selbst in eine Gefahrenlage gebracht, in dem sie sich zu dem schwerhörigen und schlecht sehenden Hund hinunter gebeugt hat, so der OGH. Der Tierschutzverein musste nicht damit rechnen, dass sich Frau L. gegenüber einem fremden Hund derartig verhält, weshalb man dem Verein kein Verschulden anlastete.
OGH-Urteil: Von Kampfhund verletzt, Frau ist selbst schuld